Dienstag, 2. Dezember 2014, 19.30 Uhr
Kunstverein Düsseldorf. Grabbeplatz 4
Vortrag von Wolfgang Brauneis:
BRD, Oktober 1974.
Die Rodung, das Polenmädchen und der Kojote
Ausgangspunkt dieses kunsthistorischen Vortrages ist der Selbstmord des jüdischen Historikers Joseph Wulf im Oktober 1974. Wulf hat in den 1950er und 60er Jahren zahlreiche Bücher zur Geschichte des Dritten Reiches (u.a. das fünfbändige Standardwerk „Kultur im Dritten Reich“) publiziert, doch war er in seinen letzten Lebensjahren mehr und mehr von der Wirkungslosigkeit seiner Forschungstätigkeit überzeugt. Seit etwa 1968 begann die bundesrepublikanische Nachkriegs-Demut allmählich zu verebben, und Chauvinismus, Antisemitismus und Kritik an den Besatzungsmächten bahnten sich ihre Wege.
Inwieweit hat sich nun diese Veränderung der allgemeinen politischen Stimmungslage in den unterschiedlichen kulturellen Sphären bemerkbar gemacht? Wolfgang Brauneis untersucht diese Frage, indem er – vor dem Hintergrund von Joseph Wulfs Wirken – die Produktionen von Joseph Beuys, Heino und Lothar Sperl, einem Schüler von Franz Eichhorst, aus der Ära Brandt (1969-74) miteinander verknüpft. Er möchte damit für einen kunsthistorischen Perspektivwechsel plädieren, der sich über eine stärkere Öffnung für kultur- und sozialgeschichtliche Phänomene definiert und eine Revision etablierter kunsthistorischer Erzählungen ermöglichen kann.
Wolfgang Brauneis lebt und arbeitet als freischaffender Kunsthistoriker in Köln. Er lehrte an der Zürcher Hochschule der Künste, hielt zahlreiche Vorträge über den Themenkomplex „Bildende Kunst und Musik“ und publizierte u.a. in artnet, Texte zur Kunst, Spex und testcard, zuletzt über Henry Flynt und Michael Buthe. Brauneis hat zusammen mit Tim Berresheim im Herbst 2014 das Institut für Betrachtung gegründet. Im Herbst 2015 wird im Ventil Verlag ein Buch zu dem Thema dieses Vortrags erscheinen.
Eintritt 3,- EUR. Für Mitglieder ist der Eintritt frei.